Ursprung und Entwicklung einer Spezialwaffe
Die „Hush Puppy“, offiziell als Mk 22 Mod 0 bezeichnet, ist eine stille Legende der militärischen Waffentechnik. Sie entstand in den 1960er-Jahren als verdeckte Seitenwaffe der neu gegründeten US Navy SEALs. Ihre Grundlage bildete die Smith & Wesson Model 39 – eine halbautomatische 9-mm-Pistole mit Einzelreihenmagazin. Obwohl dieses Modell ursprünglich für die US Army entwickelt, aber zunächst nicht eingeführt worden war, fand es später seinen Weg in den Arsenal der SEALs – jedoch in stark modifizierter Form.
Die SEALs benötigten eine geräuscharme Pistole, um in verdeckten Operationen Gegner lautlos auszuschalten – insbesondere Wachhunde, bevor sie Alarm schlagen konnten. Aus diesem Bedarf heraus entstand die „Hush Puppy“ – ein passender Spitzname, der sich scherzhaft auf ihre Hauptfunktion bezog: das lautlose „Beruhigen“ von Wachhunden.
Technische Besonderheiten und Modifikationen
Die Umwandlung der M39 zur Mk 22 Mod 0 war weit mehr als kosmetisch. Zu den auffälligsten Veränderungen gehörte der verlängerte Lauf mit Gewindeaufnahme für den Schalldämpfer. Doch die wahre technische Raffinesse zeigte sich im Schlittenarretierhebel – ein manuelles System, das den Rücklauf des Schlittens blockierte. Damit konnte die Pistole im Einzelschuss-Modus feuern, ohne dass Geräusche durch das Repetieren oder den Hülsenauswurf entstanden. Diese Maßnahme stellte sicher, dass nur das gedämpfte Mündungsgeräusch wahrnehmbar war – optimal für lautlose Neutralisation.
Weitere Modifikationen:
- Erhöhte Visierung zur Nutzung trotz voluminösem Schalldämpfer.
- Griffstück-Anpassung für ein 14-Schuss-Magazin (ursprünglich basierend auf dem P35 der Browning Hi-Power).
- Entfernung der Magazinsicherung durch viele SEALs – gegen Vorschrift, aber zugunsten der Einsatzsicherheit.
- Kunststoff-Griffschalen statt Holz – robuster für raue Einsatzbedingungen.
- Seltene Prototypen mit klappbarem Anschlagschaft zur Stabilisierung.
Die Mk 22 war also nicht nur ein Umbau, sondern eine zielgerichtete Neuentwicklung auf Basis bestehender Technik.
Mark 3 Schalldämpfer und Unterschallmunition: Das lautlose Trio
Das Herzstück der „Hush Puppy“ war der speziell entwickelte Mark 3 Mod 0 Schalldämpfer. Mit seinem rund 12,7 cm langen Aluminiumgehäuse und Wipe-Kapseln (aus Kunststoffscheiben) gelang es, das Mündungsgeräusch drastisch zu reduzieren. Diese Wipes schlossen das Projektil eng ein, was eine effiziente Gaskühlung und Dämpfung ermöglichte – allerdings verschlissen sie nach rund 24–50 Schuss und mussten ersetzt werden.
Komplementär dazu wurde eigens die Mk 144 Mod 0 Unterschallmunition entwickelt. Mit einem schweren 158-grains-FMJ-Geschoss und einer Mündungsgeschwindigkeit knapp unter Schallgeschwindigkeit (≈290 m/s) wurde der Überschallknall vermieden. Die Patrone war außerdem wasserfest versiegelt – ein Muss für amphibische SEAL-Einsätze.
Feldtauglichkeit und taktischer Einsatz im Vietnamkrieg
Die „Hush Puppy“ wurde ab 1967 in Vietnam genutzt – zunächst in kleiner Stückzahl und während der laufenden Erprobung. Im Einsatz war sie ein Präzisionswerkzeug: Der Operator feuerte einen leisen Einzelschuss mit arretiertem Schlitten auf kurze Distanz – zumeist gegen Wachhunde oder isolierte Wachen. Der Verzicht auf automatische Repetition war kein Nachteil, sondern Teil des Tarnkonzepts.
Zum Lieferumfang der Waffe gehörte ein wasserdichter Transportbehälter (M19A1-Box), ein zweites Magazin, Wartungszubehör und in separaten Kits auch Ersatz-Wipe-Kapseln und weitere Dichtungselemente. Das System war darauf ausgelegt, auch unter Wasser transportiert und anschließend sofort funktionsfähig eingesetzt zu werden.
Die Hush Puppy war dabei keineswegs eine Allzweckwaffe: Sie war klar für verdeckte, zielgerichtete Operationen konstruiert – ein Spezialwerkzeug für Spezialkräfte.
Technisches und taktisches Erbe
Obwohl die Mk 22 in den 1980er-Jahren aus dem Dienst verschwand – nicht zuletzt aufgrund von Materialermüdung und Ersatzteilmangel – bleibt ihr Einfluss bis heute spürbar. Moderne Spezialwaffen wie die Heckler & Koch Mk 23 Mod 0 übernahmen das Konzept der:
- Unterschallmunition,
- hochwirksamen Schalldämpfer,
- optionalen Schlittenarretiervorrichtung
– und machten es einsatztauglich für moderne Konfliktszenarien.
Auch waffentechnisch war die Mk 22 ein Wegbereiter: Die Entwicklung eines 14-Schuss-Magazins auf M39-Basis führte später zur S&W Model 59 – eine der ersten serienmäßigen Hochkapazitäts-9-mm-Pistolen.
Fazit: Ein Mythos im Schatten des Krieges
Die „Hush Puppy“ Mk 22 Mod 0 war mehr als nur eine Waffe – sie war ein Produkt präziser Bedarfsanalyse, technischer Kreativität und taktischer Finesse. Ihr leiser Auftritt machte sie zu einem unersetzlichen Werkzeug für verdeckte Operationen, und ihr Ruf eilt ihr bis heute voraus. Für viele SEAL-Veteranen bleibt sie Symbol einer Ära, in der Improvisation und Effektivität auf dem Schlachtfeld den Unterschied machten – in völliger Stille.
Quellenangabe:
Dieser Bericht basiert auf einem Beitrag von Waka Custom Guns:
👉 Die Hush Puppy Pistole – lautlose Spezialwaffe der Navy SEALs im Vietnamkrieg